19.08.2021 - München
Um die großen Abwassermengen im Münchner Westen und Südwesten noch besser ableiten zu können und das bestehende Kanalsystem im Bereich Pasing und Laim zu entlasten, ist in der Landsberger Straße im Auftrag der Münchner Stadtentwässerung ein neuer 2,2 Kilometer langer Abwasserkanal DN 3000 im Rohrvortriebsverfahren aufgefahren worden.
Die von der Wayss & Freytag Ingenieurbau AG – Bereich Tunnelbau ausgeführte Baumaßnahme schließt die Lücke zwischen dem bereits 2012 fertiggestellten ersten Bauabschnitt im Bereich „Offenbachstraße“ bis „Am Knie“ und dem 2016 geschaffenen Teilstück am „Laimer Kreisel“.
Nach
Abschluss der Vortriebsarbeiten erfolgte die Herstellung von 19
Einsteigschächten und drei Überleitungsbauwerken. Sie schaffen die Verbindung
zwischen dem Bestandskanal und dem neuen Abwasserkanal. Bei der Sicherung der
Baugruben entschied sich das ausführende Unternehmen für den e+s Linearverbau –
ein Gleitschienensystem mit Stützrahmen –, der vor allem aufgrund seiner
technologischen Leistungsparameter alle Anforderungen vor Ort erfüllen konnte,
beispielsweise im Hinblick auf die Tiefe der Baugruben und die enge Bebauung im
innerstädtischen Bereich.
Darüber hinaus konnte mit einer Kombination aus Linearverbau und hinter dem System zusätzlich geführten Dielen auch der Arbeitsraum neben den großformatigen Kanalrohren ausreichend gesichert werden.
Als im April
das 2400 Kilometer lange Kanalnetz von München um rund 2,2 Kilometer verlängert
war, konnte Chris Hömberg (M. Sc.), Bauleiter, Wayss & Freytag Ingenieurbau
AG – Bereich Tunnelbau, auf ein planmäßig und bis auf Restarbeiten erfolgreich
abgeschlossenes Großprojekt zurückblicken.
In einem Zeitraum von nur sieben Monaten waren an sieben Tagen in der Woche und rund um die Uhr 735 Vortriebsrohre DN 3000 mit einer Baulänge von drei Metern und einem Stückgewicht von 22 Tonnen eingebaut worden. Und das trotz schwieriger Bodenverhältnisse und für eine Innenstadtlage typischen aufwendigen Logistik.
Die
Umsetzung des Projektes war notwendig, da insbesondere im Münchner Westen neue
Wohngebiete erschlossen werden und die Anforderungen an das Kanalnetz damit
steigen. Der drei Meter unter Geländeoberkante liegende Bestandskanal, der die
Abwasserströme aufnimmt, war hydraulisch nicht mehr ausreichend. Deshalb
mussten mit Blick auf zunehmende Starkregenereignisse zusätzliche
Stauraumvolumen geschaffen werden.
Wenn in Zukunft der Pegel um 30 Zentimeter steigt, kann das Abwasser über die neuen Überleitungsbauwerke in den in neun Metern Tiefe liegenden neuen Kanal abfließen.
„Der
Auftraggeber hatte sich für ein grabenloses Verfahren entschieden, um den
Verkehr auf der vielbefahrenen vierspurigen Landsberger Straße weitestgehend
aufrechtzuerhalten und die Anwohner vor Lärm weitestgehend zu schützen“, sagt
Bauleiter Hömberg.
Ähnliche Herausforderungen galt es bei der Herstellung der Einsteigschächte und Überleitungsbauwerke zu meistern, die den Altkanal mit den neuen Haltungen zukünftig verbinden.
Neben der
für ein innerstädtisches Baufeld typischen engen Bebauung waren es die
Abmessungen der großdimensionierten Vortriebsrohre und die baulichen
Anforderungen bei der Erstellung der Tangentialschächte, die besondere bauliche
Maßnahmen erforderlich machten.
Darüber hinaus galt es die schwierigen Bodenverhältnisse zu berücksichtigen: Im Bereich der Baumaßnahme sind die in München üblichen Bodenschichten aus Auffüllungen, quartären Kiesen und tertiären Sanden anzutreffen und die zu erstellenden Baugruben, Kanäle und Bauwerke befinden sich teilweise im Grundwasser.
„Bei der Sicherung der ca. 4 mal 4 Meter großen und rund neun Meter tiefen Baugruben für die Herstellung der Schachtbauwerke haben wir uns bewusst für das e+s Linearverbausystem von thyssenkrupp Infrastructure entschieden“, erklärt Hömberg. Die Verwendung von Spundbohlen, die durch Rammen oder Vibrieren eingebracht werden, sei vor allem wegen der Tiefe der Baugruben und der engen Bebauung rund um das Baufeld nicht möglich gewesen.
Neben zeitlichen und wirtschaftlichen Argumenten kam an dieser Stelle auch ein bedeutsamer technischer Aspekt zum Tragen: Im Gegensatz zum Rammen oder Vibrieren wird das Bauumfeld beim Einbringen des Linearverbaus deutlich weniger erschüttert. „Unter diesen Gesichtspunkten stellt der Linearverbau bei diesem Projekt die Alternative zur Trägerbohlwand oder Spundwand dar“, erläutert Matthias Schel, Fachberater Region West, thyssenkrupp Infrastructure.
In senkrecht eingebauten Doppelgleitschienen werden innere und äußere Verbauplatten so gehalten, dass sie aneinander vorbeigleiten und auf die erforderliche Tiefe gebracht werden können. Zwei biegesteife, entsprechend der fortschreitenden Bautiefe höhenverstellbare Laufwagen halten Träger und Verbauplatten auf stets gleichem Abstand; die Grabenbreite bleibt in jeder Bauphase gleich.
Auf diese Weise machte die Auswahl des Verbausystems ein effektiveres, schnelleres, qualitativ besseres und spürbar wirtschaftlicheres Arbeiten möglich. Dabei resultiert ein wesentlicher Vorteil des Systems aus der Konstruktion von Träger und Laufwagen: „Nur beim gestuften Linearverbausystem ist es möglich, die Verbauplatten von der Seite einzuschwenken“, so Schel weiter.
In Längsrichtung des neuen Kanals konnten die Elemente des Verbausystems auf der vom Rohr abgewandten Seite unter Verwendung von 9,13 Meter langen Trägern bis zur Baugrubensohle eingebracht werden. Auf der anderen Seite endeten die 7,13 Meter langen Träger und die Verbauplatte direkt auf dem Vortriebsrohr – ebenso wie der Verbau auf den Kopfseiten, der ebenfalls nur bis zum Rohrscheitel der Vortriebsrohre eingebracht werden konnte.
Um den verbleibenden Arbeitsraum, den ca. 2,70 Meter hohen Bereich neben dem Rohrstrang bis zur Sohle ebenfalls zu sichern, entschlossen sich die Baupartner, hinter dem kopfseitigen Verbau Kanaldielen bis auf das Rohr und daneben bis zur Sohle einzubringen. Um diese Konstruktion mit Blick auf die statischen Erfordernisse entsprechend abzusichern, wurden neben den beiden Laufwagen zusätzlich zwei sogenannte Kopfverbau-Adapter in das Linearverbausystem integriert.
„Das wurde notwendig, da die Laufwagen nur in Längsrichtung auf Druck und Zug und nicht horizontal belastet werden dürfen“, erklärt Fachberater Schel. Die Kopfverbau-Adapter werden wie die Laufwagen auch, im Profil der Linearverbauträger geführt, sind jederzeit in der Höhe verstellbar und schließen mit der kopfseitigen Kante des Verbausystems bündig ab.
Eine temporäre Stütze zwischen Rohr und seitlicher Verbauwand sicherte die Kanaldielen in dieser Bauphase. Sie konnte nach der Betonierung einer 25 Zentimeter starken Sauberkeitsschicht wieder entfernt werden. Danach wurde die notwendige Anschlussbewehrung am Vortriebsrohr über 64 Anschlusseisen angebracht und ein Block anbetoniert. Mit einer Kernbohrung, die mit einem Durchmesser von 1,30 Metern durch den Betonblock in das Vortriebsrohr hergestellt wurde, war dann der tangentiale Einstieg geschaffen.
Bauleiter Hömberg beschreibt die Tiefbauarbeiten als technisch herausfordernd. Bei der Tiefe Geräte zu finden, mit denen man die erforderlichen Arbeiten noch handhaben kann, sei sehr anspruchsvoll gewesen, ebenso wie die logistischen Aspekte des Projektes oder auch die straffen Zeitpläne. Unter diesen Gesichtspunkten hat sich nicht zuletzt der Einsatz des Linearverbausystems bezahlt gemacht.
Darüber hinaus hat der Verbau auch zeitliche Vorteile gebracht. Drei komplette Systeme wurden auf der Baustelle vorgehalten. Während bei einer Baugrube der Verbau eingebracht wurde, wurde in der zweiten betoniert und in der dritten der Verbau bereits wieder gezogen. Diese Taktung hat ebenfalls dazu beigetragen, dass das knappe Zeitfenster eingehalten werden konnte.
Quelle und Fotos: thyssenkrupp Infrastructure GmbH
Die Social Media Buttons oben sind datenschutzkonform und übermitteln beim Aufruf der Seite noch keine Daten an den jeweiligen Plattform-Betreiber. Dies geschieht erst beim Klick auf einen Social Media Button (Datenschutz).
Jetzt Newsletter abonnieren!
Sustainable Bavaria
Nachhaltig Planen und Bauen
Digitaltouren - Digitalforen
Netzwerk junge Ingenieure
Werde Ingenieur/in!
www.zukunft-ingenieur.de
Veranstaltungstipps
Einheitlicher Ansprechpartner
Berufsanerkennung
Professional recognition
Bayerische Ingenieurekammer-Bau
Körperschaft des öffentlichen Rechts
Schloßschmidstraße 3
80639 München