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Wie ein alter Bahnhof in Tapfheim zu neuem Leben erweckt wurde

Projekt von Kammermitglied in der Bayerischen Staatszeitung

21.05.2021 - München

Wie ein alter Bahnhof in Tapfheim zu neuem Leben erweckt wurde

Unter dem Motto "Kein Ding ohne Ing." stellt die Bayerische Staatszeitung auf einer Sonderseite regelmäßig spannende Projekte von Kammermitgliedern vor. Im neuesten Artikel berichten Dipl.-Ing. Jochen Hauf vom Ingenieurbüro Hauf, Bauherrin Rita Faller und Architekt Robert Tews darüber, wie es gelang, den leerstehenden Bahnhof Tapfheim von Grund auf zu sanieren und dabei Gestalt und Charme der historischen Basis beizubehalten. Lesen Sie hier den Artikel oder reichen Sie gleich selbst ein Projekt ein.

Der alte Bahnhof Tapfheim, ein zweigeschossiger Massivbau mit Hausteinsockel, flachem Walmdach und Vordach mit dekorativ gestalteter Stützkonstruktion, stand schon seit vielen Jahren leer.

Die einstigen Bahnbetriebsräume, der Warteraum, der Fahrkartenverkauf und die Büroräume waren verwaist und ungenutzt. Auch die letzten Bewohner der ehemaligen Bahnwärterwohnung waren schon lange ausgezogen.

Das vermutlich aus dem Jahr 1874 stammende Gebäude war von der Bahn aufgegeben worden. Der Bahnbetrieb wird seitdem nur noch über einen Fahrkartenautomaten und ein einfaches Wartehäuschen am Bahnsteig abgewickelt. Auch die Gemeinde war seit Längerem auf der Suche nach einer adäquaten Nutzung.

Ein Gebäude im Dornröschenschlaf

Dem langsamen Verfall preisgegeben wartete das Gebäude so förmlich im Dornröschenschlaf auf eine neue Nutzung. Das alte Gebäude im Herzen der Gemeinde Tapfheim hatte seine ursprüngliche Bestimmung als Treffpunkt, als Start- und Zielpunkt sowie als Ort der Begegnung verloren. Kurzum, es wurde still um den alten Bahnhof...

Alles änderte sich, als sich Rita Failer auf der Suche nach geeigneten Räumlichkeiten für die Erweiterung ihrer ortsansässigen Schmuckmanufaktur für das Gebäude zu interessieren begann. Kreativität, Kunst, handwerkliches Geschick und das Gespür für Details trafen auf großzügige, leerstehende Räume und unzählige verstaubte Besonderheiten.

Seinen Anfang nahm das Projekt Ende 2015 mit ersten kreativen Ideenfindungen. Wieviel Platz wird benötigt und wie kann der übrige Raum sinnvoll genutzt werden? Was wird gebraucht und was ist gegeben? Welches Potential steckt in dem alten Gebäude? Wie steht es tatsächlich um die Substanz und den Verfall des Bahnhofs? Lassen sich die Schäden beheben und wo lauern noch böse Überraschungen?

Großzügige und gut nutzbare Räumlichkeiten

Es galt, sowohl gut zugängliche Räume für die Schmuck-Workshops, für Ausstellung und Präsentation, als auch ausreichende Lager- und Bürobereiche für den florierenden Online-Shop zu finden. Der alte Bahnhof bot aufgrund seiner Zwei-Geschossigkeit und ursprünglichen Doppelnutzung als öffentlicher Raum mit Wohn- und Verwaltungseinheit großzügige und gut nutzbare Räumlichkeiten. Er hatte trotz erheblichem Sanierungsbedarf eine solide Substanz und viel Potenzial.

Nachdem ein Bahnhof aber auch immer ein Ort der Begegnung und des öffentlichen Lebens ist, wurde die anfängliche Nutzungsanforderung um ein Café erweitert, welches sich mit vielen Synergieeffekten in die Gesamtkonzeption einfügte.

So galt es 2017, das leerstehende Gebäude von Grund auf zu sanieren und dabei aber fortwährend Gestalt und Charme der historischen Basis beizubehalten. Im Fokus stand immer das übergeordnete Ziel, die vorhandene Substanz zu erhalten und diese möglichst behutsam an die neuen Nutzungen anzupassen. Dazu gab es bereits in der Planungsphase Gespräche mit der Denkmalpflege und umfangreiche Abstimmungen zwischen Bauherrin, Planern, Statikern und Handwerkern.

Viele historische Details erhalten

Im Zuge des Umbaus ist es gelungen, viele historische Details zu erhalten und weiter zu nutzen. So wurden sowohl die Eichenfenster, die gewendelte Eichentreppe, die Türen, Teile der Fliesen- und Dielenböden, als auch der alte Fahrkartenschalter wiederbelebt. Eine besondere Herausforderung war es, die Anforderungen der neuen Nutzungen hinsichtlich Brandschutz, Wärmedämmung, Akustik sowie Raumklima zu erfüllen und dabei alle Maßnahmen so zu integrieren, dass der historische Charakter erhalten bleibt.

Das Ergebnis spricht jedoch für sich: Alles fügt sich harmonisch in den Bestand ein und erweckt den Eindruck, als wäre es immer schon so gewesen.

Große Teile im Erdgeschoss konnten zu einem Gast- und Workshop-Raum zusammengefasst werden. Die Küchen- und Sanitärbereiche wurden eingefügt und alle Installationen bis hin zum öffentlichen Ver- und Entsorgungsnetz erneuert. Auch wurden moderne Brandmelde- und Lüftungsanlagen sowie eine aufwendige Akustikdecke installiert. Um die Stabilität und Wärmedämmung zu verbessern, wurde im Erdgeschoss der alte Holzbodenaufbau entfernt und durch eine neue Stahlbetonbodenplatte ersetzt. Aufgrund von Bauschäden mussten zusätzlich Teile der Geschossdecke und des Deckentragwerks ersetzt werden. Dabei wurden sowohl einzelne Mauerwerksbereiche überarbeitet als auch Balkenlagen stellenweise erneuert und in Teilbereichen ganze Felder der Zwischendecke ausgetauscht.

Angenehme und gleichmäßige Wärmeverteilung

Die Fußbodenheizung im Erdgeschoss sorgt für eine angenehme und gleichmäßige Wärmeverteilung. Die Räume erhalten so von unten her eine gewisse Grundtemperierung. Eine großzügig dimensionierte Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung sorgt für eine kontrollierte und zugfreie Belüftung aller Gasträume. Die Anlage konnte mittels Kraneinbringung und einigem Montageaufwand im Dachgeschoss installiert werden. Die Zu- und Abluftkanäle ließen sich unauffällig in die Räumlichkeiten integrieren.

Die Lüftung kann das Raumklima feinfühlig regulieren, ohne durch zu starke Leistungsschwankungen bei wechselnden Heizungsanforderungen spürbar in Erscheinung zu treten. Die darüber hinaus installierten Wandheizkörper dienen so eher als Backup für kalte Wintertage. Auch der kleine Veranstaltungsraum im Kellergewölbe wurde an die Lüftungsanlage angeschlossen, so dass auch hier ein dauerhaft angenehmes und steuerbares Raumklima gewährleistet werden kann.

Um die erforderliche brandschutztechnische Trennung der Nutzungseinheiten zu gewährleisten und einen Brandüberschlag auf das Obergeschoss zu verzögern, wurde die bestehende Geschossdecke vollflächig mit einer F-90-Trockenbaukonstruktion verkleidet.

Darunter wurde in den Gasträumen noch eine Akustikdecke als zusätzlich abgehängtes Deckensystem installiert. Auch hierbei wurde besonderes Augenmerk auf die Integration der technischen Komponenten in die historische Substanz gelegt. Die mit einem feinen Akustikputz versehene Decke wurde mit umlaufenden Stuckbereich ausgeführt und betont so die räumlichen Strukturen nochmals. Die Gäste können sich in einer angenehmen und ruhigen Lautstärke unterhalten. Café und Schmuckmanufaktur gehen ineinander über und ergänzen sich, anstatt sich gegenseitig zu stören.

Alte Dielenböden und Treppen blieben erhalten

Im Obergeschoss konnten die Räumlichkeiten weitestgehend unverändert übernommen werden. Alte Dielenböden, Türen und Treppen blieben erhalten. Auch hier wurde die Substanz zwar aufwendig repariert und ausgebessert, die gelebte Optik jedoch erhalten. Überall sind die Spuren der fast 150-jährigen Nutzung sichtbar.

Ziel war es von Anfang an, den Charakter des Gebäudes beizubehalten und dabei so viel wie möglich zu erhalten. Dies galt nicht nur für das äußere Erscheinungsbild, sondern vor allem auch für die inneren Strukturen und Details. So sind die entfernten Zwischenwände auch weiterhin an sichtbaren Pfeilern und Unterzügen zu erkennen. Sie gliedern den Raum entsprechend der ursprünglichen Aufteilung, ohne die einzelnen Bereiche zu trennen. Die Besucher erleben das Erdgeschoss als Einheit – als einen kreativen und kommunikativen Raum. Der alte Bahnhofschalter steht heute als Raumteiler im Eingangsbereich – dort werden damals wie heute die Gäste empfangen.

Die alten Fenster und Türen konnten mit mühevoller Handarbeit in Eigenleistung und mit Unterstützung der vom Denkmalpflegeamt empfohlenen Schreinerei Berz aus Augsburg restauriert werden.

Dabei wurden marode Bauteile keineswegs beliebig gegen neue ausgetauscht, sondern in wochenlanger Detailarbeit zerlegt, restauriert und mit sehr hohem Originalitätsanteil wieder in Stand gesetzt. Mit Fingerspitzengefühl und Fachwissen wurde so ein mehr als ungewöhnlicher Erhaltungsgrad erreicht.

Als während der Baumaßnahmen im Gewölbekeller unter den alten Farb- und Putzschichten wunderschönes Naturstein- und Ziegelmauerwerk zu Tage trat, wurde dieser Bereich nochmals komplett überplant, um ihn zukünftig für private Feiern und kleinere Veranstaltungen nutzen zu können.

Der notwendige zweite Fluchtweg konnte mit einigem Planungs- und Abstimmungsaufwand unauffällig realisiert werden. Dazu wurde ein Kellerfenster zu einer Notausgangstür vergrößert und der vorhandene Lichtschacht ausgeweitet. Hier ließ sich dann eine Fluchtleiter mit entsprechend öffenbarem Bodengitter installieren.

Historisches erhalten und weiter nutzen

Wo immer es der Zustand des Bestandes zuließ, wurde Altes weiter genutzt und Historisches erhalten. Die knarrende Holztreppe blieb unverändert und wurde nur soweit wie nötig repariert. Auch das in Teilbereichen vorhandene Parkett wurde sorgsam ausgebaut und im neuen Café-Tresen wiederverwendet.

Die äußere Farbgebung blieb weitestgehend unverändert und lässt den Bahnhof im gewohnten Bild neu erstrahlen. Es wurden Fassade, Gesims und Dach, sowie Fenster und Türen entsprechend der Originalfarben gestaltet. Neue Bauteile und Materialien wurden sorgsam und in Anlehnung an den Bestand ausgewählt, sei es der Parkettboden, die Fliesen im Gastraum oder die Farbgestaltungen. Alles fügt sich harmonisch in den Bestand ein und erweckt den Eindruck, als wäre es immer schon so gewesen.

Enge und kreative Zusammenarbeit

Dank der engen Zusammenarbeit zwischen Bauherrin, Planern und Denkmalpflege konnten auch schwierige Aufgaben mit findigen Ideen und unermüdlichem Einsatz gelöst werden. Auch trug der kreative Beitrag und das Fachwissen der fast ausschließlich regionalen Firmen ganz erheblich zum Erfolg des Projektes bei. Der Umbau entspricht in vollem Umfang den Sanierungszielen und gibt dem identitätsstiftenden, historischen Gebäude eine neue Funktion. Es entstand ein multifunktionales Gebäude mit Schmuckwerkstatt und Café sowie Online-Shop inkl. Lager-, Büro- und Sozialbereich.

Durch den unermüdlichen Einsatz aller Beteiligten und besonders der heute im Bahnhof tätigen Mitarbeiter wurde sowohl die Schmuckmanufaktur Failer als auch das Café Bruno zu einem überregionalen Anziehungs- und Treffpunkt. Ob Kunst, Musik, Workshops oder köstliche Gastronomie-Themenabende – die herausragend gute Küche und die stets herzliche Gastfreundschaft erfüllen den alten Bahnhof mit neuem Leben. Regelmäßige Veranstaltungen und vielfältig saisonale Events runden das Konzept ab. So wurde der alte Bahnhof wieder ein öffentlicher Ort der Begegnung und Kommunikation. Er ist Treffpunkt und Ausflugsziel im Herzen der Gemeinde.

Der rege Besuch aus einem weiten Umkreis sowie die zahllosen positiven Kommentare belegen den Erfolg der Konzeption. Belebt und immer wieder neu erfunden wird das Konzept durch das unermüdliche Engagement, den Ideenreichtum und Herzlichkeit des gesamten Bahnhofsteams. Die Identifikation aller Mitarbeiter mit ihrem Bahnhof, mit ihrem Ort der Begegnung und der Gastfreundschaft schafft immer wieder aufs Neue einen lebendigen und wohl auch einzigartigen Ort. Man geht nicht nur ins Café, man geht zu Freunden. Der Bahnhof Tapfheim ist kein einmalig restauriertes Denkmal, sondern gelebte Lebensfreude.

Offiziell geehrt wurde das gesamte Engagement im Jahr 2020 mit der Verleihung der Bayerischen Denkmalschutzmedaille des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst.

Autoren: Jochen Hauf ist Mitglied der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, Rita Failer ist die Bauherrin und Robert Tews der Architekt.

Fotos: Martin Failer


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Ihr Projekt in der Bayerischen Staatszeitung

Einmal im Quartal erscheint ein ganzseitiger Artikel über ein Projekt eines Mitgliedes der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau in der Bayerischen Staatszeitung. Auch Ihr Projekt kann dabei sein!

Bewerbungen fortlaufend möglich

Alles, was Sie tun müssen, ist eine Mail an Sonja Amtmann, Pressereferentin der Kammer, zu schicken und kurz zu skizzieren, welches Projekt Sie gerne vorstellen möchten und was Ihr Projekt ausmacht.

Es gibt keinerlei Begrenzungen hinsichtlich des Fachgebietes. Auch kann das Bauvorhaben an jedem beliebigen Ort der Erde realisiert worden sein.

Einzige zwingende Voraussetzung ist, dass der Autor des Artikels Kammermitglied ist und das Projekt möglichst nicht älter als fünf Jahre ist.

Wenn noch Fragen offen sind...
... hat Sonja Amtmann, die Pressereferentin der Kammer, stets ein offenes Ohr für Sie. Rufen Sie an unter +49 (0) 89 419434-27 oder schicken Sie eine E-Mail an smtmnnbykd.


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