26.03.2020 - München / Berlin
Mit Rundschreiben vom 24. März 2020 teilt das Bayerische Bauministerium mit, dass die Inhalte und Empfehlungen des BMI-Erlasses vom 23. März 2020, dem sich auch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur angeschlossen hat, für den gesamten Baubereich der Bayerischen Staatsbauverwaltung übernommen werden. Alle Baumaßnahmen der Staatsbauverwaltung sollen möglichst weiter betrieben werden bzw. erst eingestellt werden, wenn behördliche Maßnahmen dazu zwingen oder ein sinnvoller Weiterbetrieb nicht möglich ist.
Hier haben wir Ihnen das Rundschreiben des Bayerischen Staatsminsteriums für Wohnen, Bau und Verkehr vom 24.
März 2020, Az.: Z5-40016-3 sowie den Erlass des Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat,vom 23. März 2020, Az.:
70406/21#1 zum Lesen und zum Download bereit gestellt:
Download Rundschreiben StMB vom 24.03.2020
Anlagen
1. Erlass des BMI vom 23. März 2020, Az.: 70406/21#1
2.
BMVI-Erlass vom 23. März 2020, Az.: StB 14/7134.40/010/3295153
Sehr geehrte Damen und Herren,
beigefügt übersenden wir Erlasse des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat sowie des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur zu bauvertraglichen Fragen vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie.
Die Inhalte und Empfehlungen des BMI-Erlasses, dem sich auch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur angeschlossen hat, werden – auch im Interesse einer einheitlichen Handhabung – für den gesamten Baubereich der Bayerischen Staatsbauverwaltung übernommen.
Der BMI-Erlass behandelt eingehend aktuelle Fragen bei der Abwicklung von Bauverträgen zur Fortführung der Baumaßnahmen, der Handhabung von Bauablaufstörungen und Zahlungen.
Alle Baumaßnahmen sollen möglichst weiter betrieben werden. Baumaßnahmen sollen erst eingestellt werden, wenn behördliche Maßnahmen dazu zwingen (z. B. Betretungsverbote) oder wenn aufgrund behördlicher Maßnahmen ein sinnvoller Weiterbetrieb nicht möglich ist. Dies wird nur im Einzelfall und in Abstimmung mit dem StMB in Betracht kommen.
Die Corona-Pandemie ist grundsätzlich geeignet, den Tatbestand der höheren Gewalt im Sinne von § 6 Abs. 2 Nr. 1 lit. c VOB/B auszulösen. Hinsichtlich der im Einzelfall zu stellenden Anforderungen enthält der Erlass des BMI eine Reihe von Hinweisen. Aus gegebenem Anlass weise ich darauf hin, dass der bloße Hinweis auf die Corona-Pandemie und eine rein vorsorgliche Arbeitseinstellung den Tatbestand der höheren Gewalt aber nicht erfüllt.
Besonders wird nochmals darauf hingewiesen, dass die unverzügliche Prüfung und Begleichung von Rechnungen in der jetzigen Situation einen besonders hohen Stellenwert für unsere Vertragspartner hat. Unter Beachtung der entsprechenden gesetzlichen und vertraglichen Voraussetzungen können zudem Vorauszahlungen in Betracht kommen. Es muss unser nachdrückliches Interesse sein, nach der Bewältigung der Corona-Krise auch weiterhin auf eine leistungsfähige Bauwirtschaft und Freiberuflich Tätige zurückgreifen zu können.
Die mit E-Mail vom 19.03.2020 an die Staatlichen Bauämter und Autobahndirektionen ergangenen Hinweise zum Weiterbetrieb laufender Baumaßnahmen zur Vertragsabwicklung behalten ihre Gültigkeit und werden durch die Regelungen im Erlass ergänzt.
Die Juristinnen und Juristen an den Ämtern stehen für die Beurteilung von Einzelfragen zur Verfügung.
Das Rundschreiben ist mit der Landesbaudirektion Bayern abgestimmt.
Das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration erhält einen Abdruck des Schreibens mit der Anregung, die Erlasse des Bundes sowie dieses Rundschreiben an die kommunalen Auftraggeber weiterzugeben.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Bauer
Ministerialrat
Download Erlass des BMI vom 23. März 2020, Az.: 70406/21#1
I. Fortführung der Baumaßnahmen
Gesundheitsschutz hat auch im Baubereich Priorität. Auf den Baustellen des Bundes sind die Gefahren der Ansteckung mit dem Coronavirus und seiner Verbreitung durch baustellenspezifische Regelung soweit wie möglich zu minimieren. Eine besondere Bedeutung kommt in dieser Situation dem Sicherheits- und Gesundheitskoordinator nach § 3 BaustellenV zu. Es ist sicherzustellen, dass dieser entsprechend tätig wird. Darüber hinaus verweise ich auf die Empfehlungen der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft.
Unter diesen Maßgaben sollen die Baustellen des Bundes möglichst weiter betrieben werden. Baumaßnahmen sollen erst eingestellt werden, wenn behördliche Maßnahmen dazu zwingen (z. B. Betretensverbote) oder aufgrund behördlicher Maßnahmen ein sinnvoller Weiterbetrieb nicht möglich ist (z. B. weil überwiegende Teile der Beschäftigten des Auftragnehmers unter Quarantäne gestellt worden sind). Dies ist eine Frage des Einzelfalls.
II. Handhabung von Bauablaufstörungen
Die sich ausbreitende Corona-Pandemie kann Auswirkungen auf die Bauabläufe haben. Zum vertragsrechtlichen Umgang mit Bauablaufstörungen gebe ich folgende Hinweise:
Die Corona-Pandemie ist grundsätzlich geeignet, den Tatbestand der höheren Gewalt im Sinne von § 6 Abs. 2 Nr. 1 lit. c VOB/B auszulösen. Höhere Gewalt ist ein unvorhersehbares, von außen einwirkendes Ereignis, das auch durch äußerste, nach der Sachlage zu erwartende Sorgfalt wirtschaftlich vertretbar nicht abgewendet werden kann und auch nicht wegen seiner Häufigkeit hinzunehmen ist.
Das Vorliegen dieser strengen Voraussetzungen kann auch in der jetzigen Ausnahmesituation nicht pauschal angenommen werden, sondern muss im Einzelfall geprüft werden. Grundsätzlich muss derjenige, der sich darauf beruft, die die höhere Gewalt begründenden Umstände darlegen und ggf. beweisen. Beruft sich der Unternehmer also auf höhere Gewalt, müsste er darlegen, warum er seine Leistung nicht erbringen kann. Das kann z.B. der Fall sein, weil
Die Darlegungen des Auftragnehmers müssen das Vorliegen höherer Gewalt als überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen, ohne dass sämtliche Zweifel ausgeräumt sein müssen. Auf Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Bescheinigungen und Nachweisen ist mit Blick auf die Überlastung von Behörden und die stark reduzierte Geschäftstätigkeit der Privatwirtschaft Rücksicht zu nehmen. Dies bedeutet, die vom Auftragnehmer geforderten Darlegungen im Einzelfall mit Augenmaß, Pragmatismus und mit Blick auf die Gesamtsituation zu handhaben.
Der bloße Hinweis auf die Corona-Pandemie und eine rein vorsorgliche Arbeitseinstellung erfüllt den Tatbestand der höheren Gewalt aber nicht. Ebenso bitte ich um besonderes Augenmerk, falls der Auftragnehmer schon bei der bisherigen Leistungserbringung Schwierigkeiten hatte und sich nun auf die Corona-Pandemie beruft.
Höhere Gewalt kann auch auf Seiten des Auftraggebers eintreten, beispielsweise, weil die Projektleitung unter Quarantäne gestellt wird. Dabei wäre dann – entsprechend der an die Auftragnehmer gestellten Anforderungen und nach denselben Maßstäben – zu dokumentieren, dass und warum die Projektleitung nicht aus dem Homeoffice erfolgen kann, oder dass und warum keine Vertretung organisiert werden kann.
Falls das Vorliegen höherer Gewalt im Einzelfall angenommen werden kann, verlängern sich Ausführungsfristen automatisch um die Dauer der Behinderung zzgl. eines angemessenen Zuschlags für die Wiederaufnahme der Arbeiten (§ 6 Abs. 4 VOB/B).
Beruft sich der Auftragnehmer nach den o.g. Maßstäben zu recht auf höhere Gewalt, entstehen gegen ihn keine Schadens- oder Entschädigungsansprüche.
Bei höherer Gewalt gerät auch der Auftraggeber nicht in Annahmeverzug; die Voraussetzungen des § 642 BGB liegen nicht vor (vgl. BGH, Urteil vom 20.4.2017 – VII ZR 194/13; die dortigen Ausführungen zu außergewöhnlich ungünstigen Witterungsverhältnisses sind nach hiesiger Ansicht – erst recht – auf eine Pandemie übertragbar). Das gilt insbesondere auch für Fallkonstellationen, in denen ein Vorgewerk aufgrund höherer Gewalt nicht rechtzeitig erbracht werden kann und nun das nachfolgende Ge- werk deswegen Ansprüche wegen Behinderung gegen den Auftraggeber erhebt.
III. Zahlungen
Die unverzügliche Prüfung und Begleichung von Rechnungen hat in der jetzigen Situation einen besonders hohen Stellenwert. Die Dienststellen sind gehalten, dies durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen.
Ich weise ausdrücklich auf die Möglichkeit hin, gegen Bürgschaftsleistung des Auftragnehmers Vorauszahlungen zu leisten (§ 16 Abs. 2 Nr. 1 VOB/B). Ob dies zur Fortführung der Baumaßnahme sinnvoll ist, ist im Einzelfall zu entscheiden. Falls Vorauszahlungen geleistet werden, sind Zinsen dafür nicht zu fordern (vgl. § 16 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 VOB/B).
Im Kassenwesen können papierhafte Belege soweit erforderlich ausnahmsweise auch dann angeordnet werden, wenn die Feststellung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit nicht wie üblich handschriftlich auf der Rechnung, sondern lediglich in gesonderter Mail, die dem Beleg ausgedruckt beizufügen ist, erfolgt. Die Bescheinigung muss klar den Bescheinigenden erkennen lassen und zweifelsfrei der Rechnung zu- zuordnen sein.
IV. Inkrafttreten
Der Erlass gilt mit sofortiger Wirkung. Die Fachaufsicht führenden Ebenen sind angehalten, diesen Erlass unverzüglich an die baudurchführenden Ebenen weiterzugeben.
Aufgrund der sich dynamisch entwickelnden Situation weise ich darauf hin, dass weitere ergänzende, ggf. auch das Vorstehende ändernde Regelungen ergehen können.
Zu vergaberechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie ist ein gesonderter Erlass vorgesehen.
Im Auftrag
Gez. Hammann
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