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VgV-Betreuung durch Architekten, Ingenieure und Projektsteuerer: Keine unerlaubte Rechtsberatung

Kommentar von Dr.-Ing. Werner Weigl und Dr. Andreas Ebert in der Bayerischen Staatszeitung vom 05.12.2025

05.12.2025 - München

VgV-Betreuung durch Architekten, Ingenieure und Projektsteuerer: Keine unerlaubte Rechtsberatung

Dr.-Ing. Werner Weigl und Dr. Andreas Ebert beleuchten in der Bayerischen Staatszeitung vom 05.12.2025 die rechtlichen Rahmenbedingungen der Vergabeberatung durch Architekten, Ingenieure und Projektsteuerer. Eine pauschale Unzulässigkeit der Vergabeberatung durch technische Berater bestehe nicht, solange keine eigenständigen Rechtsberatungsleistungen erbracht werden und die Beratung als Nebenleistung zur technischen Haupttätigkeit erfolge. Sofern der Schwerpunkt auf der technischen Abwicklung liege, sei eine qualifizierte Vergabeberatung durch technische Fachleute weiterhin zulässig.

Keine unerlaubte Rechtsberatung

VgV-Betreuung durch Architekten, Ingenieure und Projektsteuerer

Vor vier Wochen erschien in dieser Zeitung der Beitrag eines Regensburger Fachanwalts für Vergaberecht mit der Kernbotschaft, dass die externe Durchführung und Betreuung von VgV-Verfahren ausschließlich durch Rechtsanwälte erfolgen dürfe. Gestützt hat sich der Autor, der selbst als Betreuer von Vergabeverfahren für öffentliche Auftraggeber auftritt, auf eine Entscheidung des Landgerichts Gießen vom 21.03.2025 (3 O 95/25), welches es einer Vergabestelle untersagt hatte, die Ausschreibung der Verfahrensbetreuung für Planungsleistungen auch an Personen zu richten, die über keine Zulassung zur Anwaltschaft verfügen. Das decke sich auch mit einem Urteil des LG Magdeburg von 2021. 

Zuvor hat der Autor die Grundzüge des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) referiert und dabei auch das Urteil des BGH vom 09.11.2023 (VII ZR 190/22) berücksichtigt. Darin hatten die Karlsruher Richter eine Vereinbarung wegen Verstoßes gegen § 3 RDG für nichtig erklärt, durch die ein Architekt verpflichtet war, eine von ihm selbst entworfene, der Interessenlage des Bestellers entsprechende Skontoklausel zur Verwendung in den Verträgen mit den bauausführenden Unternehmern zur Verfügung zu stellen.

Klare Unzulässigkeit

Diese Entscheidung, so erfuhr der Leser, sei auch auf VgV-Verfahren zu übertragen. Dabei hat sich der BGH darin gar nicht mit der Verfahrensbetreuung von Vergabeverfahren beschäftigt. Übertragen werden können nur die Grundsätze der gesetzlichen Regelung, zu deren Konturierung der BGH zwar durchaus beigetragen hat, die aber doch so allgemein gefasst sind, dass aus ihnen allein keine klare Unzulässigkeit der vergaberechtlichen Beratung durch technische Dienstleister abgeleitet werden kann.

Ergiebiger ist da schon der Blick in einschlägige Entscheidungen wie jener des LG Magdeburg, das es einer Auftragsberatungsstelle untersagt hat, sich um Beratungsaufträge zu bewerben oder an Ausschreibungen zu beteiligen, welche die Prüfung der Vergabeunterlagen hinsichtlich der Einhaltung der Wettbewerbsregeln, der Vermeidung von Diskriminierungsaspekten, der Erteilung von Handlungsempfehlungen und der Sicherung des Gleichbehandlungsgrundsatzes umfassen. Soweit die Auftragsberatungsstelle in Vergabeverfahren über die Verfahrensbegleitung hinausgehend Leistungen erbringe, die eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordern, sei dies gemäß § 3 RDG nur in dem Umfang zulässig, in dem es durch dieses Gesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt werde.

Auch der Beschluss des LG Gießen betrifft eine VgV-Ausschreibung, hier explizit über Planungsleistungen. Das Gericht hat es einem Auftraggeber untersagt, „die gesamte Vertragsabwicklung durch den Dienstleister incl. der rechtsicheren Prüfung“ und die „rechtsichere Erstellung aller Vertragsunterlagen für die einzelnen Lose“ einschließlich der Bereitstellung eines Planervertrags als Muster auszuschreiben.

Damit scheint die Rechtslage also im Sinne der Fachanwaltschaft geklärt. Doch so einfach ist es nicht, denn auch wenn der wettbewerbliche Anspruch vieler Vergaberechtsanwälte Berufsfremde gern vor der Tür angebunden sähe, zeigt eine tiefere Analyse Risse und Sollbruchstellen der Argumentation. Während das LG Gießen aufgrund des dortigen Verfügungsverfahrens sich gleich jede Begründung erspart hat, betrachtet zumindest das LG Magdeburg auch die möglichen Ausnahmen, welche die an sich unzulässige Rechtsdienstleistung durch Nicht-Anwälte erlaubt. 

Von diesen verdient wenigstens eine Vorschrift gründliche Beachtung, nämlich § 5 RDG. Danach sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind. Das sei eine Frage des Einzelfalls, wie der BGH (Urteil v. 06.10.2011, I ZR 54/10) schon vor Jahren hervorgehoben hat. Im Fall der Auftragsberatungsstelle vermochte das LG Magdeburg keine andere - nicht rechtliche - Haupttätigkeit zu erkennen, zu der die Rechtsdienstleistung nur im Verhältnis einer Nebenleistung stehen dürfte.

Rechtliche Kenntnisse

Hingegen kann daraus nicht abgeleitet werden, dass die gesamte Vergabeberatung für technische Berater Tabu sei. Dem steht nicht weniger als die Rechtsprechung selbst entgegen. So hatte die Vergabekammer des Bundes (VK 2 - 47/21) am 02.06.2021 befunden, dass „die selbständige Vorbereitung und Durchführung von nationalen und europaweiten Ausschreibungen für verschiedene Leistungsgegenstände“ durch einen nichtanwaltlichen Dienstleister nach § 5 RDG zulässig ist, weil der Schwerpunkt ausdrücklich in der technischen Abwicklung des Vergabeverfahrens lag und keine Rechtsberatungsleistungen betraf. 

Die zu beschaffende Dienstleistung setze zwar entsprechende rechtliche Kenntnisse des Vergaberechts voraus, ohne aber jeweils im konkreten Vergabeverfahren eine besondere, substanzielle Beratung bzw. eine dementsprechende vertiefte vergaberechtliche Prüfung für die im Einzelnen durchzuführenden Aufgaben zu erfordern. Nicht minder deutlicher hat das daraufhin als Beschwerdegericht angerufene OLG Düsseldorf (Beschl. v. 25.05.2022, Verg 33/21) betont, dass mit der beruflichen Haupttätigkeit des Beschaffungsdienstleisters typischerweise bestimmte Rechtsdienstleistungen verbunden seien; der Übergang zwischen bloßer Rechtsanwendung und juristischer Rechtsprüfung sei fließend. 

Rechtsdienstleistungen im Bereich der Ermittlung der Vergabeart, der Losbildung, der Beantwortung von Bieteranfragen, der Angebotsprüfung, der Eignungs- und Referenzprüfung, der Fertigung von Aufklärungsschreiben oder der Frage, ob es sich bei fehlenden Unterlagen um solche im Sinne der Nachforderungsvorschriften handelt, ließen sich von der Haupttätigkeit nicht trennen und gehörten deshalb zu den Nebenleistungen im Sinne des § 5 RDG.

Es greift also deutlich zu kurz, wenn die Betreuung von VgV-Verfahren durch Projektsteuerungs-, Architektur- und Ingenieurbüros apodiktisch als unzulässig gebrandmarkt wird. Tatsächlich hat es der Auftraggeber selbst in der Hand, technische Dienstleister für die Begleitung der Vergabeverfahren zu gewinnen, indem er klarstellt, dass der Schwerpunkt in der technischen Abwicklung des Vergabeverfahrens liegt und keine Rechtsberatungsleistungen zu erbringen sind, so wie es die gut beratene Vergabestelle im Düsseldorfer Fall vorgemacht hat. Wer dagegen wie in Magdeburg „die „rechtsichere Erstellung aller Vertragsunterlagen“ wünscht, braucht einen Anwalt. 

Was läge also näher, dann eben gleich den Anwalt insgesamt mit der Vergabebetreuung zu bedenken? Das birgt indes seinerseits Risiken, auf die ebenfalls in den anwaltlichen Veröffentlichungen ungern hingewiesen wird. Zum einen macht sich der Auftraggeber angreifbar, denn jetzt würde er eine Gesamtleistung ausschreiben, wofür es jedoch einer Abweichung von der nach § 97 Abs. 4 GWB vorgeschriebenen Losvergabe bedarf.

Das OLG Düsseldorf (a.a.O.) hat jedoch über die zulässige Rechtsberatung hinaus auch festgestellt, dass der Bereich der Beschaffungsdienstleistung gegenüber dem Bereich der Rechtsdienstleistung als eigenständiges Fachlos eingeordnet werden kann. Liegen für eine gleichwohl durchgeführte Gesamtvergabe keine wirtschaftlichen oder technischen Gründe vor, riskiert der Auftraggeber ein Rüge- und Nachprüfungsverfahren. Während die als Nebenleistung gemäß § 5 RDG eingeordneten rechtsberatenden Teilaufgaben technisch nicht sinnvoll getrennt werden können, bedarf es keiner zwingenden Mitbeauftragung von rechtsgestaltenden Dienstleistungen. Zum anderen verliert der Auftraggeber bei Verzicht auf technische Dienstleister aber auch deren technische Fachkompetenz, die wiederum nicht bei Rechtsanwälten eingekauft werden kann. 

So bringen gerade technische Vergabeberater optimale Voraussetzungen dafür mit, die Vergabestelle zu sinnvollen und auf die bauberufstechnischen Belange ausgerichtete Eignungs- und Referenzkriterien zu unterstützen. Aufgrund eigener Fachkunde können sie die Vergleichbarkeit von Referenznachweisen besser bewerten als nichttechnische Berufsträger. Dasselbe gilt für die Bewertung der Berufserfahrung des vorgesehenen Bieterpersonals. Geht es etwa um Vergabeverfahren für Bauleistungen, würde schon das Erstellen eines Leistungsverzeichnisses jeden Anwalt vor unlösbare Probleme stellen.

Grautöne bestehen

Es wird bereits kolportiert, dass sich Fachanwälte für Vergaberecht aus diesem Grund mit technischem Personal eindecken. Wenn die enge Verzahnung von Rechts- und Technikfragen zu einem solchen Schritt zwingt, handelt es sich schon um mehr als nur ein Indiz dafür, dass die Sichtweise des Düsseldorfer Vergabesenats trotz aller bestehenden Grautönen bei der Auslegung des RDG ins Schwarze getroffen hat. 

Eine Dienstleistung, die Qualifikationen außerhalb der juristischen Ausbildung verlangt, kann dann keine verbotene Rechtsdienstleistung sein. Zu dem gegenteiligen Schluss kommt nur, wer unter Ausblendung wesentlicher Rechtsgrundsätze versucht, sich ein möglichst großes Kuchenstück vom Vergabeberatungsmarkt zu sichern. Wenn aber selbst Anwälte eine unvollständige Rechtsdarstellung der umfassenden Beratung vorziehen, delegitimieren sie das sie schützende eigene Berufsrecht. Denn das RDG dient nicht dazu, den Rechtsmarkt abzuschotten. Qualifizierte Vergabeberatung durch Projektsteuerer, Architekten und Ingenieure ist nicht unzulässig.

Autoren

Dr.-Ing. Werner Weigl ist 2. Vizepräsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau und Vorsitzender des Arbeitskreises "Vergabe" der Bundesingenieurkammer. 

Dr. Andreas Ebert ist Justitiar der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau.

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Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Bayerischen Staatszeitung

Fotos: Privat 

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