18.01.2022 - Brüssel / Berlin
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 18. Januar 2022 über die Frage entschieden, ob die bis zum Inkrafttreten der angepassten HOAI am 1. Januar 2021 dort enthaltenen verbindlichen Mindestsätze bei Altverträgen trotz des EuGH-Urteils vom 4. Juli 2019 weiterhin anzuwenden sind oder nicht. Jetzt liegt die Entscheidung vor.
Die europäischen Richter kommen zu dem Ergebnis, dass das Unionsrecht dem nicht entgegensteht. Ob dies gegebenenfalls aufgrund innerstaatlichen Rechts anders zu beurteilen ist, sei von den nationalen Gerichten und Behörden zu entscheiden. Zugleich stellt der EuGH klar, dass derjenigen Partei, der die Mindestsätze weiterhin entgegengehalten werden, unter Umständen Schadensersatz vom Staat verlangen könne.
Dr.-Ing.
Heinrich Bökamp, der Präsident der Bundesingenieurkammer, begrüßte das Urteil: „Im Sinne der Planerinnen und Planer, aber vor allem im Sinne des
Verbraucherschutzes, ist die heutige Entscheidung des EuGH grundsätzlich
eine gute Entscheidung, auch wenn schlussendlich der Ball natürlich nun
wieder beim BGH liegt. Gerade im Hinblick auf die anstehenden
Herausforderungen wie beispielsweise das Schaffen von bezahlbarem
Wohnraum, der auch energetisch allen erforderlichen Standards entspricht
oder die Ertüchtigung in die Jahre gekommener Infrastrukturen, braucht
der Berufsstand Verlässlichkeit. Daher gilt es nun, die umfassende
Novellierung der HOAI voranzubringen.“
Bökamp betonte, dass gerade im Hinblick auf die anstehenden Herausforderungen wie beispielsweise das Schaffen von bezahlbarem Wohnraum, der auch energetisch allen erforderlichen Standards entspricht oder die Ertüchtigung in die Jahre gekommener Infrastrukturen, der Berufsstand Verlässlichkeit brauche. Daher gelte es, die umfassende Novellierung der HOAI weiter voranzubringen.
Andrea Gebhard, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer: „Wir begrüßen es sehr, dass der EuGH im Sinne unseres Berufsstands entschieden hat. Zudem herrscht in dieser Frage nach über zwei Jahren Rechtsunsicherheit endlich Klarheit, was das Verhältnis von Unionsrecht und nationalem Recht angeht. Jetzt sind die deutschen Gerichte wieder am Zuge. Unabhängig davon werden wir weiter daran arbeiten, dass sich auch die HOAI 2021 als maßgebliche Grundlage für zukünftige Honorarvereinbarungen weiter durchsetzt. Gerade in Zeiten immer stärker steigender Anforderungen, insbesondere auch an nachhaltiges und klimagerechtes Planen, sind angemessene Honorare eine Grundvoraussetzung für Qualität. Dies hatte auch der EuGH in seinem Urteil vom Juli 2019 anerkannt.“
Die Leistungsphasen und Honorarsätze der HOAI sind seit Jahrzehnten als Grundlage für das Planen und Bauen in Deutschland etabliert und bieten einen verlässlichen Rahmen für Planerinnen und Planer, Auftraggeber und Bauausführende.
Zugleich setzen sich die berufsständischen Vertretungen für eine zeitnahe Novellierung ein, um die Leistungsbilder an die Erfordernisse der Zeit anzupassen. Daneben müssen auch die seit 2013 unveränderten Honorarwerte überprüft und bei den Flächenplanungen Mechanismen zur regelmäßigen Anpassung an die Inflationsrate eingeführt werden. Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung sieht eine Reform der HOAI vor.
Dipl.-Ing. Christoph Schild, Präsident des BDB Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure e.V. sagte: „Die HOAI ist ein wichtiges Instrument zur Qualitätssicherung der Planungsleistungen. Dies gilt besonders für das nachhaltige und klimaangepasste Bauen. Der BDB begrüßt die Entscheidung des europäischen Gerichtshofes. Unschön ist allerdings, dass diese Klarstellung so lange gedauert hat. Es bleibt nun abzuwarten, wie der Bundesgerichtshof hoffentlich zeitnah entscheidet.“
Dipl.-Ing. Jörg Thiele, der Präsident des VBI Verband Beratender Ingenieure, sagte: „Wir freuen uns über das Urteil, stellt es doch Klarheit darüber her, dass die Mindestsätze angewandt werden können. Wir hoffen nun auf die Beurteilung durch den Bundesgerichtshof im Sinne der Planerinnen und Planer. Gleichzeitig ist aber auch klar, dass die angepasste HOAI ohne verbindliche Mindestsätze keinen Unterbietungswettbewerb befeuern darf. Die bevorstehende HOAI-Novellierung muss hierzu eindeutige Aussagen treffen. Orientierung muss der Mittelsatz und nicht der Basissatz sein. Die weltweit geschätzte deutsche Planungsqualität gibt es nicht zum Nulltarif.“
Quellen: BIngK, BAK, BDB, VBI, Fotos: BingK, Bak/Laurence-Chaperon; BDB, VBI
Mit Urteil vom 18.01.2022 hat der EuGH entschieden, dass die Mindestsätze der HOAI zwischen Privaten weiterhin gelten. Sein Urteil vom 14.07.2019 hatte hingegen befürchten lassen, dass man ihnen auch für Altverträge auf immer ade sagen müsste. Können Ingenieure jetzt immer den Mindestsatz verlangen und hat die Entscheidung des EuGH aus 2019 gar keine Relevanz mehr? Und wie sind z.B. Fälle zu beurteilen, in denen der Ingenieur in Erwartungshaltung auf diese, neue Entscheidung den Mindestsatz bisher nicht geltend gemacht hat, weil er kein Klage- und Prozessrisiko eingehen wollte? Diese und viele weitere praxisrelevante Fragen samt ebenso praxisnaher Antworten erwarten Sie in diesem Online-Seminar.
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