10.03.2021 - München
Mit Hilfe von Bakterien verfestige Probe nach Entnahme aus einer Schalung, bereit für die Druckfestigkeitsprüfung (Foto: Alexander Bayrhof)
Das interdisziplinäre Forschungsprojekt „MicrobialCrete“ hat das Ziel, neue, biobasierte Baustoffe für die Bauwerksinstandsetzung und weitere bautechnische Anwendungen zu entwickeln. Dazu untersuchten Forscher der Hochschule München spezielle, stäbchenförmige Bakterien, die durch Biomineralisation unter anderem Betonbauten instand halten können.
Die Bakterienart Sporosarcina pasteurii ist in der Lage, durch ihren Stoffwechsel das Mineral Kalk auf Oberflächen abzulagern. Dieses Phänomen kann auf verschiedene Weise genutzt werden, zum Beispiel für die Rissheilung im Beton, zur Staubkontrolle im Tagebau oder zur Fixierung von Schwermetallen in Böden, sodass diese nicht in das Grundwasser gelangen können.
Im interdisziplinären Forschungsprojekt MicrobialCrete konzentriert sich das Team um Professor
Dr. Robert Huber und Doktorand Frédéric Lapierre von der Hochschule München
unter anderem auf die Erforschung des Nährstoffbedarfs des Mikroorganismus, um
die Kultivierung zu optimieren und es somit effizienter einsetzen zu können.
Das Bakterium S. pasteurii wird in der Forschung und in ersten Praxisfällen der Biozementierung eingesetzt. Der Mikroorganismus kommt natürlicherweise in Böden auf der ganzen Welt vor und ist für den Menschen ungefährlich. Für die genannten Anwendungen ist der Einsatz von Bakterien im Vergleich zu etablierten Methoden umweltfreundlicher, denn er basiert überwiegend auf nachhaltigen Rohstoffen.
Trotz der weltweiten Verbreitung des Bakteriums ist es immer noch ein Exot in der Bioverfahrenstechnik. Bisher gab es zu wenige Erkenntnisse über eine effiziente und kostengünstige Kultivierung. In ihrer aktuellen Studie dokumentieren die Wissenschaftler um Frédéric Lapierre die Steigerung der Produktion der Mikroorganismen um das Fünffache im Vergleich zu publizierten Bioprozessen. Das dabei eingesetzte Verfahren ist in den Nährmedienkosten dagegen nur 4 Prozent teurer.
Erstmalig gelang den Forschenden die genaue Bestimmung der Nährstoffanforderungen
der Bakterien. Sie verwendeten dafür eine Hochdurchsatz-Kultivierungsplattform
mit Online Monitoring.
Frédéric Lapierre erläutert: "Wir haben gängige Nährmedien zur Zucht der Bakterien mit speziellen Nährstoffen ergänzt, um diesen Fortschritt zu erzielen. Durch die gesunkenen Herstellungskosten wollen wir einen wichtigen Beitrag zur Industrialisierung der Biozementierung schaffen, um nachhaltige Anwendungen in der Bauindustrie und der Umwelttechnik zu etablieren."
Prof. Dr. Robert Huber, Fakultät für Wirtschaftsingenieurwesen
Prof. Dr.-Ing. Andrea Kustermann, Fakultät für Bauingeneurwesen
Das interdisziplinäre Forschungsprojekt „MicrobialCrete“ hat das Ziel, neue, biobasierte Baustoffe für die Bauwerksinstandsetzung und weitere bautechnische Anwendungen zu entwickeln. Dazu haben sich Forscher der Fakultäten für Wirtschafts- und Bauingenieurwesen der Hochschule München und drei Industriepartner zusammengeschlossen. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Förderlinie FHProfUnt gefördert.
In Anbetracht des immensen Investitionsvolumens der Bundesregierung im Bereich der Instandsetzung von Betonbauten und der damit einhergehenden Mengen an Bauabfall werden Innovationen zur Erhaltung und Sanierung von Betonstrukturen im besonderen Kontext der Nachhaltigkeit und der Ressourcenschonung im Bauwesen dringend benötigt. Bisher werden im Baubereich überwiegend kunststoffmodifizierte Instandsetzungsmaterialien verwendet.
Spezielle Mikroorganismen bieten die Möglichkeit diese zu ersetzen, da sie unter bestimmten Bedingungen Calciumcarbonat-Ausfällungen erzeugen können. Das Phänomen wird als mikrobiell induzierte Calcit-Präzipitation (MICP) oder auch Biozementierung bezeichnet. Das ausgefällte Calciumcarbonat, besser bekannt als Kalk, dient zum Verschluss von (Mikro-)Rissen und Poren, und schützt so vor weiteren Schäden. Gegenüber klassischen Verfahren hat diese Methode den Vorteil, durch die mineralische Ausscheidung der Bakterien umweltfreundlich zu sein und auf überwiegend nachhaltigen Rohstoffen zu basieren.
Ein großes Problem der MICP-Anwendung stellt nach wie vor das mangelnde Verständnis der Zementierung selbst und der Kultivierung der eingesetzten Mikroorganismen dar. Für die Kultivierung müssen geeignete Bakterien entsprechend den Anforderungen der verschiedenen Anwendungen, wie zum Beispiel Stabilität bei hohen pH-Werten oder Chloridkonzentrationen in Beton, ausgewählt und untersucht werden. Zudem müssen die Bakterien in großer Menge hergestellt werden. Allerdings sind die Kosten dafür aufgrund teurer Nährmedienbestandteile und zu geringen Biomasse-Ausbeuten oft noch zu hoch. Deshalb ist ein wesentliches Ziel des Vorhabens, durch Hochdurchsatz-Technologien, wie automatisierten Mikrobioreaktoren, schneller geeignete biozementierende Mikroorganismen auszuwählen und Bioprozesse effizienter und kostengünstiger entwickeln zu können.
Ausgewählte Bakterien werden im Vorhaben zur Bauwerksinstandsetzung in Beton
und auch an Mauerwerksbauten erprobt. Dies erfordert Untersuchungen zur
Auswirkung der Biozementierung auf Risse und Mikrorisse in Betonstrukturen, um
daraus abgeleitet verbesserte Dauerhaftigkeitseigenschaften der Baustoffe,
insbesondere Stahlbeton, zu ermöglichen. Weiterhin wird im Projekt das Phänomen
der MICP zur Bodenverfestigung, Immobilisierung von Schadstoffen und zur
Staubkontrolle im Tagebau erforscht und mit den Anwendungspartnern optimiert.
Quelle: Hochschule München, © Fotos: Alexander Bayrhof, m2p-labs GmbH, Johanna Weber
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