16.06.2020 - München
Der Verband Freier Berufe in Bayern (VFB) legt vor dem Hintergrund der Auswirkungen der Corona-Krise auf Gesundheit, Gesellschaft und Wirtschaft ein Strukturpaket auf. In einem 9-Punkte-Programm fordert der VFB mit seinen 34 Mitgliedsverbänden und -kammern eine bessere Förderung der kleinteiligen Strukturen, die, wie es die Krise gezeigt hat, ihre Stärken für das Gemeinwohl in der Fläche haben. Die Bayerische Ingenieurekammer-Bau hat dazu notwendige Maßnahmen für die Zukunft der planenden Berufe in Bayern formuliert.
„Dafür brauchen wir Rahmenbedingungen, die unsere meist kleinteiligen Strukturen zukünftig besser fördern,
weniger mit Bürokratie belasten oder durch überalterte
Gebührenordnungen ausdünnen”, sagt Michael Schwarz, Präsident des Verbands
Freier Berufe in Bayern.
Die Freien Berufe in Bayern stellen einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor im Flächenfreistaat Bayern dar. So erwirtschaften sie mit ihren 900.000 Freiberuflern und insgesamt 1,6 Millionen Erwerbstätigen einen jährlichen Umsatz von rd. 40 Milliarden Euro. Besonders wichtig ist die Tatsache, dass die Freien Berufe am Gemeinwohl orientiert und damit nicht auf Gewinnmaximierung ausgerichtet sind.
Mit dem Strukturpaket “Freie Berufe - Neustart für Bayern” hat der VFB mit seinen Verbänden und Kammern in einem 9-Punkte-Programm Schwerpunkte für einen gesamtgesellschaftlichen und nachhaltigen Strukturwandel erarbeitet, der aus Sicht der Freien Berufe dringend notwendig ist.
Das Strukturpaket des VFB geht an die
Politik, an den Ministerpräsidenten und an die zuständigen
Staatsministerien in Bayern.
„Die Corona-Krise hat gezeigt, dass es eines Neustarts bedarf, um den Bürgerinnen und Bürgern Sicherheit, Gesundheit und Wohlstand zu erhalten“, sagt VFB-Präsident Michael Schwarz.
Download
Das Strukturpaket ist auf der Internetseite
des Verbands Freier Berufe abrufbar:
VFB-Strukturpaket “Freie Berufe - Neustart für Bayern”
Die Struktur der Ingenieurbüros in Bayern zeichnet sich durch eine große Anzahl kleiner und mittlerer Unternehmen aus. Um die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie als Chance für die Zukunft zu nutzen, brauchen die bayerischen Ingenieur- und Planungsbüros ein Strukturpaket, das geeignete und verlässliche Rahmenbedingungen für eine nachhaltige wirtschaftliche Stabilisierung und am Gemeinwohl orientierte Entwicklung schafft und gleichzeitig durch die Förderung und Stabilisierung privater und öffentlicher Aufträge die kleinen und mittelständischen Strukturen der Planerinnen und Planer in Bayern erhält und stärkt. Sie tragen zur Resilienz unserer Wirtschaft bei.
Die
digitale Transformation der Wirtschaft muss umgehend massiv und konzertiert
vorangebracht werden. Dabei muss der Ausbau der Breitbandnetze oberste
Priorität haben. Neben der konsequenten Unterstützung der Träger der Wertschöpfungskette
Bau durch eine Förderung der Digitalisierung der Planungs- und Bauprozesse muss
die Funktionsfähigkeit der Bauverwaltungen dauerhaft sichergestellt bleiben.
Dazu müssen Behörden und Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung– sofern noch nicht geschehen – in die Lage versetzt werden, möglichst durchgängig digital zu agieren. Neben dem Bereitstellen der erforderlichen Mittel gehört hierzu auch die Qualifizierung des Personals auf allen Ebenen durch Förderungsmaßnahmen für zielgerichtete Fort- und Weiterbildungsangebote mit hohem Qualitätsanspruch.
Planungskapazitäten,
die kurz- und mittelfristig wegbrechen, haben Auswirkungen auf wichtige und
dringend benötigte Infrastruktur- und Hochbauprojekte von morgen. Daher müssen
Aufträge, insbesondere der öffentlichen Hand, konsequent weiter ausgelöst
werden und Fördermaßnahmen auch mittel- bis langfristig verfügbar sein.
Ein zentraler Punkt ist der Ausbau der Digitalisierung von Verwaltungsabläufen und Genehmigungsverfahren. Notwendige und aus Gründen der Qualitätssicherung erforderliche Wettbewerbs- und Partizipationsverfahren müssen auch digital umsetzbar und auch über die Corona-Pandemie hinaus digital möglich sein. Weitere verfahrensbeschleunigende Maßnahmen sind unter Wahrung der besonderen mittelständischen Strukturen der bayerischen Planungs- und Bauwirtschaft zu begrüßen.
Die verlässliche Vergabe öffentlicher Aufträge gewährleistet einen nachhaltigen Auftragsbestand. Dieser ist maßgeblich, um Planungskapazitäten vorhalten zu können, die zur Bewältigung weiterhin bestehender Herausforderungen dringend benötigt werden. Zeitlich begrenzte Verkürzungen von Vergabefristen haben sich bereits in der Finanzkrise 2008/2009 bewährt. Auch die Heraufsetzung der Wertgrenzen für den Baubereich führt im Einzelfall zu einer schnelleren Vergabe.
Um
eine kontinuierliche Auftragsvergabe sicherzustellen, ist das Vergaberecht auch
über die im Zuge der Corona-Pandemie notwendigen Beschaffungsmaßnahmen
flexibler zu gestalten. Die beschleunigte Vergabe und die Genehmigung
vorliegender und vorbereiteter Projekte hat bereits für sich einen positiven
Konjunktureffekt.
Hierzu wäre es hilfreich, wenn Planungsleistungen unterhalb
der EU-Schwellenwerte ohne förmliche und zeitaufwendige bürokratische
Vergabeverfahren und ohne die Einholung von mindestens drei Angeboten direkt
vergeben werden könnten. Dadurch würde gerade für kleinere Verwaltungseinheiten
eine erleichterte und zeitnahe Vergabe von Aufträgen ermöglicht, um
kontinuierliche Planungsvergaben für die Zukunft sicherzustellen. Für kleine
und mittelständische Ingenieurbüros würde eine solche Maßnahme eine deutliche
Erleichterung der Arbeit ihrer Büros darstellen. Die Verringerung des
Verwaltungsaufwandes und des Aufwandes für die Bearbeitung von Angeboten würden
bei unterschwelligen Aufträgen zu erheblichen Kosteneinsparungen und
Zeitgewinnen führen.
Für den Bereich oberhalb der EU-Schwellenwerte sollte eine
Initiative bei der EU-Kommission für entsprechende Vergabeerleichterungen vorangetrieben
werden. Alle Maßnahmen zur Beschleunigung von Vergabeverfahren müssen die Sicherung
von mittelständischen Strukturen, beispielsweise durch Einzelvergaben, im Blick
haben. Auch wenn krisenbedingt Prozesse beschleunigt werden, dürfen bewährte
Methoden zur baukulturellen Qualitätssicherung nicht vernachlässigt werden.
Konjunkturelle
Maßnahmen sollten direkt mit gesellschaftlichen und umweltpolitischen Anliegen
zum Klimaschutz verknüpft werden. Der Bausektor kann hierzu einen zentralen
Beitrag leisten.
Durch die Förderung erneuerbarer Energien, die Entwicklung
energiesparender Technologien sowie der Förderung von Projekten zum Erhalt und
zur energetischen Sanierung des baulichen Bestandes lassen sich
konjunkturfördernde Bauaktivitäten auslösen und gleichzeitig klimapolitische
Ziele realisieren.
Klimagerechtes Bauen, der Einsatz nachwachsender CO2-bindender
Baustoffe bei Nachverdichtung, Neubau- und Sanierungsvorhaben sowie der Erwerb
und die Sanierung von Bestandsimmobilien sollten daher noch stärker gefördert
werden, vor allem auch um Ressourcen zu schonen.
Wir
brauchen eine konsequente Unterstützung und Förderung der Kommunen bei der Sanierung
und dem Bau von Einrichtungen der sozialen kommunalen Infrastruktur wie Schulen
und Bildungsstätten sowie weitere Verbesserungen im Gesundheitswesen.
Investitionen der öffentlichen Hand, die einen langfristigen Strukturwandel fördern und private Investitionen auslösen, sind aktuell besonders sinnvoll. Das betrifft neben einem nachhaltigen und klimagerechten Bauen besonders den Wohnungs-, Krankenhaus- und Schulbau sowie öffentliche Investitionen in die physische und digitale Infrastruktur, besonders in den Gebäudesektor sowie die Verkehrs-, Kommunikations- und Energienetze als Teil der technischen kommunalen Infrastruktur. Ohne eine funktionierende technische kommunale Infrastruktur funktioniert keine soziale kommunale Infrastruktur.
Um
Konjunkturmaßnahmen erfolgreich umzusetzen und eine Verschärfung des
Investitionsstaus zu verhindern, müssen kurzfristig in Bauämtern und Behörden
neue Ressourcen geschaffen werden. So könnten durch gezielte Anschubprogramme
für die kommunalen Bauverwaltungen konjunkturelle Maßnahmen schnell und effizient
umgesetzt werden. Außerdem muss in die technischen Voraussetzungen für digitale
Prozesse und schnellere Abläufe in der Verwaltung investiert werden.
Eine weitere Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsprozessen kann durch Entbürokratisierung und Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung oder auch die Einbindung von freiberuflichen Planungsbüros in den Prozess erreicht werden. Mobiles Arbeiten muss auch für Bedienstete der öffentlichen Verwaltung effizient möglich sein.
Um
die Mobilitätswende zu fördern und weiter voranzutreiben, müssen den Kommunen -
aufbauend auf dem veränderten Verkehrsaufkommen der Zukunft - entsprechende
Mittel für den Ausbau der Infrastruktur für alle Verkehrsträger, auch Rad- und Fußverkehr,
zur Verfügung gestellt werden.
Dazu muss die besonders von einbrechenden
(Gewerbe-) Steuereinnahmen betroffene kommunale Ebene zum Beispiel durch einen
Ausbau der Städtebauförderung in die Lage versetzt werden, weiterhin Investitionen
in Infrastruktur- und Baumaßnahmen auszulösen und so aktive Gestaltungsoptionen
der Zukunft zu nutzen.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Erfahrungen aus der Corona-Pandemie muss jetzt die Frage gestellt werden, wie unser Wirtschaftssystem so resilient aufgestellt werden kann, damit in Zukunft Pandemien oder sonstige Krisen nicht zu einem völligen Zusammenbruch der Wirtschaft führen.
Neben
einer Flexibilisierung des Arbeitsrechtes, insbesondere flexibler zeitlicher
Regelungen zum mobilen Arbeiten muss dabei ein zentraler Fokus auf die Sicherung
von Lieferketten und eine vorausschauende Vorratshaltung und Logistik gelegt
werden.
Gerade unsere klein- und mittelständischen Strukturen sichern Redundanz und sind damit die Basis für Resilienz. Ein besonderer Schwerpunkt muss auf die Stärkung des europäischen Gedankens unter Berücksichtigung der regionalen Besonderheiten gelegt werden.
Quelle und Fotos: Verband Freier Berufe in Bayern (VFB)
Die Social Media Buttons oben sind datenschutzkonform und übermitteln beim Aufruf der Seite noch keine Daten an den jeweiligen Plattform-Betreiber. Dies geschieht erst beim Klick auf einen Social Media Button (Datenschutz).
Jetzt Newsletter abonnieren!
Sustainable Bavaria
Nachhaltig Planen und Bauen
Digitaltouren - Digitalforen
Netzwerk junge Ingenieure
Werde Ingenieur/in!
www.zukunft-ingenieur.de
Veranstaltungstipps
Einheitlicher Ansprechpartner
Berufsanerkennung
Professional recognition
Bayerische Ingenieurekammer-Bau
Körperschaft des öffentlichen Rechts
Schloßschmidstraße 3
80639 München