12.07.2019 - München
"Wir stehen als Ingenieure vor der gesellschaftspolitischen Aufgabe, unseren Beitrag zu leisten, wenn es um die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum geht. Außerdem liegt es in unserer Verantwortung, nachhaltige Bauweisen weiterzuentwickeln und die Nachverdichtung in Ballungszentren mitzugestalten", sagt Kammervorstand Klaus-Jürgen Edelhäuser. Wie modulare Bauweisen dazu beitragen können, darum geht es in diesem Beitrag.
Bereits vor gut 100 Jahren hat man sich intensiv
damit beschäftigt, wie durch Vorfertigung und durch die
Industrialisierung des Bauens der Bauprozess vereinfacht und damit
effizienter werden kann. Die Werkbundsiedlungen, so zum Beispiel die
Weißenhofsiedlung in Stuttgart oder die Siedlung WUWA in Breslau, sind
Zeugnisse aus dieser Epoche des experimentellen Bauens, die damit nicht
nur architektonisch, sondern auch technikgeschichtlich von großer
Bedeutung sind.
Die Idee, durch Serienfertigung günstiger zu bauen,
setzte sich dann zunächst in den Fertighäusern fort, die dadurch aber
auch oftmals den Negativtouch des „billigen Bauens“ erhielten. Auch der
modulare Massivbau – sprich die Plattenbauten – wurde weniger als
effiziente Bauweise gesehen, sondern eher als billige Bauweise
degradiert. Der herkömmlich hergestellte und individuell geplante
Massivbau galt dabei noch als qualitativ höherwertige Bauweise, mit der
die modulare Bauweise nicht konkurrieren konnte. Hauptgrund für den
schlechten Ruf der modularen Bauweise war die oftmals eintönige
Gestaltung dieser Gebäude, hin und wieder auch die technisch
unzureichende Ausführungsqualität.
Erst mit der Zunahme von Bauwerken, bei denen auf
Grundlage einer individuellen Planung Bauteile vorgefertigt wurden,
etablierte sich die modulare Bauweise zunehmend und ist heute – gerade
als Holzrahmenbauweise – nicht mehr aus dem Bauwesen wegzudenken.
Zunehmende Beliebtheit erlangten vorgefertigte
Wandelemente in Holzrahmenbauweise, dank ihrer zwischenzeitlich
hervorragenden Wärmedämmeigenschaft auch im Bereich der Passivhäuser.
Doch nicht nur die Umsetzungsmöglichkeiten der individuellen Planung,
sondern auch die Nutzung ressourcenschonender Baustoffe sorgte zunehmend
für Akzeptanz und Beliebtheit der in der Regel aus Holz vorgefertigten
Baumodule.
Neben dem klassischen Neubau spielt die modulare
Bauweise inzwischen auch im Bereich der Nachverdichtung eine sehr große
Rolle. Dort, wo das innerörtliche Baufeld eingeschränkt ist, und wo
außerdem eine schnelle örtliche Umsetzung von Bauprojekten sehr wichtig
ist, wird zunehmend auf vorgefertigte Bauelemente zurückgegriffen. Dies
betrifft sowohl das Schließen von Baulücken als auch die Aufstockung
oder Erweiterung von Bestandsgebäuden. In den letzteren Fällen ergeben
sich mithilfe von neuen und immer weiter optimierten Aufmaßtechniken,
wie beispielsweise dem 3D-Laser-scan, hervorragende Möglichkeiten, den
Bestand exakt zu erfassen und die Planung der neuen Module genau darauf
abzustimmen.
Doch modulare Bauweisen beschränken sich keineswegs
nur auf die konstruktiven Elemente der Gebäude. Sie beinhalten auch
technische Elemente sowie ganze Raumausstattungen, wie beispielsweise
vorgefertigte Nasszellen oder Bäder. Grundlage ist auch hier, wie bei
den konstruktiven Elementen, eine exakte Planung, die das Zusammensetzen
der Module vor Ort – manchmal auch salopp als „3D-Tetris“ bezeichnet –
sicherstellen.
Wir stehen als Ingenieure vor der
gesellschaftspolitischen Aufgabe, unseren Beitrag zu leisten, wenn es um
die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum geht. Außerdem liegt es in
unserer Verantwortung, nachhaltige Bauweisen weiterzuentwickeln und die
Nachverdichtung in Ballungszentren mitzugestalten.
Gerade dann, wenn es um kostengünstiges und schnelles Bauen geht, spielt die Prozessoptimierung bei der baulichen Umsetzung von Planungen eine große Rolle. Genau diese Optimierung liefert uns das modulare Bauen.
Als Ingenieure verfügen wir über die planerischen
Werkzeuge und über das Wissen in allen tangierten Ingenieurdisziplinen –
sei es Vermessungstechnik, Tragwerk oder Gebäudetechnik – diese Art des
Bauens voranzubringen.
Das experimentelle Bauen der 1920er-Jahre kann damit als effizientes Bauen in der heutigen Zeit eine Renaissance erfahren und in allen Bereichen des Bauens implementiert werden.
Kolumne von Dipl.-Ing. (FH) Klaus-Jürgen Edelhäuser, Vorstandsmitglied der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, veröffentlicht in der Bayerischen Staatszeitung vom 12.07.2019.
Kolumne in der Bayerischen Staatszeitung
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