25.01.2019 - München
Um den Mangel an Wohnraum zu beheben, sind neue Strategien und ganzheitliche Lösungen notwendig, z.B: durch die Aufstockung bestehender Wohngebäude, die Beseitigung von Leerstand und die Reaktivierung bestehender Flächen. Wie Nachverdichtung zukunftsorientiert umgesetzt werden kann, um Wohnraum zu schaffen und gleichzeitig Flächenfraß zu vermeiden, darum geht es in dem Artikel von Kammervorstand Klaus-Jürgen Edelhäuser.
Seit 2015 erleben wir in
Deutschland einen Rückgang des durchschnittlichen Wohnungsleerstands und damit
einen zunehmenden Mangel an Wohnungen. Besonders ausgeprägt ist diese
Entwicklung in großen Städten und Ballungsräumen. Um einerseits Wohnraum zu
schaffen, andererseits einer flächigen Expansion von Städten entgegenzuwirken,
erlangt die Nachverdichtung immer größere Bedeutung.
Innerstädtische
Brachflächen, ehemalige Industrieareale oder große Innenhöfe – um nur wenige
Beispiele zu nennen – bieten beste Möglichkeiten, neue Wohngebäude zu schaffen.
Diese Art der Nachverdichtung ist zuweilen aber auch mit Protesten verbunden,
gerade dann, wenn dadurch Nachteile für den bestehenden Gebäudebestand bzw. für
die Bewohner entstehen.
Mit dem Untertitel „Wie eng ist zu eng“ wurde z.B. erst vor wenigen Monaten im Magazin „Der Spiegel“ die Nachverdichtung kritisch behandelt. Nachverdichtung geht oft zu Lasten von Grünflächen innerhalb von Wohnquartieren. Solche Flächen sind – nicht nur als Parkanlagen, sondern auch als begrünte Innenhöfe – für ein gutes und gesundes Stadtklima essentiell. Sie können nicht nur eine Naherholungszone darstellen, sondern wirken sich ganz massiv auf einen guten sommerlichen Wärmeschutz von Innenstädten und Quartieren aus.
Aufstockung bestehender Wohngebäude
Eine weitere Variante der Nachverdichtung ist die Aufstockung bestehender Wohngebäude. Sicher ein probates Mittel, um Wohnraum zu schaffen und so gleichzeitig der Versiegelung entgegenzuwirken. Doch auch hier regt sich häufig Widerstand, wenn durch diese Art der Nachverdichtung die Architektur von Gebäuden oder ganzen Stadtvierteln beeinträchtigt wird. Zuweilen gibt es seitens der Kommunen Festsetzungen, was die Einfügung von neuen oder veränderten Gebäuden in die vorhandene Stadtumgebung betrifft. Fehlen solche Regelungen, ist es die verantwortungsvolle Aufgabe der Planer, passende Lösungen einer sich einfügenden Bebauung zu finden.
Beseitigung von Leerstand
Ebenfalls ein Mittel der Nachverdichtung, das oft leider zu wenig im Fokus steht, ist die Beseitigung von Leerstand. Auch wenn, statistisch betrachtet, der Leerstand in Ballungsräumen stark zurückgeht, gibt es auch hier ein nicht unerhebliches Potential, Wohnraum zu generieren. Besonders ausgeprägt ist diese Situation in vielen Regierungsbezirken des nördlichen oder östlichen Bayerns. Gewachsene Innenstädte zahlreicher Städte und Gemeinden sind massiv von Abwanderung betroffen und sterben aus. Mit Hilfe von Förderprogrammen – z.B. der Städtebauförderung – werden Anreize gegeben, solche Innenstädte wieder mit Leben zu füllen. Nachverdichtung durch Reaktivierung bestehender Flächen.
Steigende Bevölkerungsentwicklung in Bayern
Betrachtet man die Prognosen der Bevölkerungsentwicklung, zeigt sich, dass in den nächsten zwanzig Jahren mit einem Anstieg der Bevölkerung in Bayern von 3,7 % auszugehen ist. Die Prognosen zeigen dabei allerdings auch, dass in Oberbayern mit einem Zuwachs von 9 % zu rechnen ist. In Unterfranken wird hingegen mit einer Verringerung der Einwohner um 3,2 %, in Oberfranken sogar um 5,5 % gerechnet. Gehen die Entwicklungen in diese Richtung, bedeutet das fehlenden und gleichzeitig teuren Wohnraum im Süden Bayerns, weiter aussterbende Innenstädte, Leerstand und ggf. auch Preisverfall bei Wohnimmobilien in anderen Teilen Bayerns.
Zukunftsorientierte Nachverdichtung
Geht es um eine zukunftsorientierte Nachverdichtung, muss versucht werden, die Balance zwischen den Regionen zu wahren oder wieder herzustellen und möglichst den oben genannten Prognosen der Bevölkerungsentwicklung entgegenzuwirken. Es ist damit indirekt auch ein Aspekt der Nachverdichtung, Abwanderung zu verhindern und gleichzeitig bestehenden Wohnraum in Stadtkernen zu reaktivieren. Als Ingenieure können wir wichtige Beiträge dazu leisten, Bestandsgebäude so zu verbessern, dass sie ein Neubauniveau bieten. Es gehört außerdem zu unseren Kernaufgaben, intelligente Lösungen zur Verkehrsinfrastruktur zu entwickeln und den ländlichen Raum damit attraktiver zu machen. Damit können wir wichtige Beiträge für eine zukunftsfähige Nachverdichtung leisten und diese mit gestalten.
Kolumne von Dipl.-Ing. (FH) Klaus-Jürgen Edelhäuser, Vorstandsmitglied der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, veröffentlicht in der Bayerischen Staatszeitung vom 25.01.2019.
Kolumne in der Bayerischen Staatszeitung
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