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Plädoyer für die Trennung von Planung und Ausführung

Positionspapier von Bayerischer Architektenkammer, Bayerischer Ingenieurekammer-Bau und Landesverband Bayerischer Bauinnungen

02.12.2020 - München

Plädoyer für die Trennung von Planung und Ausführung

Die Bayerische Ingenieurekammer-Bau, die Bayerische Architektenkammer und der Landesverband Bayerischer Bauinnungen haben ein gemeinsames Positionspapier veröffentlicht, in dem sie die Vorteile aufzeigen, die mit dem Prinzip der Trennung von Planung und Ausführung verbunden sind und auf die mit der Beauftragung von Generalplanern und Generalunternehmern verbundenen Risiken hinweisen.

Alexander Lyssoudis
Alexander Lyssoudis

Alexander Lyssoudis, Mitglied des Vorstandes der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau und Vizepräsident des Verbandes Freier Berufe in Bayern e.V. betont: „Erst eine gelebte Trennung von Planung und Bau garantiert Ideenreichtum und Entwicklungsdrang - das sind Grundzüge der freien Marktwirtschaft, die uns in der Vergangenheit gerade diese Vorteile garantierten. Wer Planung und Ausführung zu eng verknüpft und das überwachende Element eines unabhängigen Planers außen vor lässt, riskiert sehenden Auges steigende Preise, wenig Eigeninitiative bei der Lösung technischer Probleme und intransparente Abläufe. Sorgfalt, die durch die Trennung von Planung und Ausführung sichergestellt wird, muss immer vor Schnelligkeit gehen. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Qualität am Bau sinkt!"

Hier haben wir Ihnen das Positionspapier im Wortlaut und zum Download bereitgestellt:
„Gemeinsam zum Erfolg - ein Plädoyer für die Trennung von Planung und Ausführung“

 
 
Logos von Bayerischer Architektenkammer, Bayerischer Ingenieurekammer-Bau und Landesverband Bayerischer Bauinnungen

Gemeinsam zum Erfolg - ein Plädoyer für die Trennung von Planung und Ausführung

Am 30.04.2019 hat das bayerische Kabinett „Maßnahmen für effizientes Baucontrolling bei der Staatsbauverwaltung“ beschlossen, um staatliche Hochbauprojekte bestmöglich zu planen und zu begleiten. „So sollen beispielsweise vermehrt Generalplaner und Generalunternehmer eingesetzt (…) werden. Kostensteigerungen, die aufgrund der derzeitigen Konjunktur teilweise nicht vermeidbar sind, sollen so früh wie möglich erkannt werden, um rechtzeitig Steuerungsmaßnahmen ergreifen zu können“, wie es in der Pressemitteilung der Bayerischen Staatsregierung dazu heißt.

Die Bayerische Architektenkammer, die Bayerische Ingenieurekammer-Bau sowie der Landesverband Bayerischer Bauinnungen haben dies zum Anlass genommen, nachdrücklich auf die mit der Beauftragung von Generalplanern und Generalunternehmern verbundenen Risiken hinzuweisen und die Vorteile aufzuzeigen, die mit dem Prinzip der Trennung von Planung und Ausführung verbunden sind:

1. Wer plant und baut eigentlich in Bayern?

Die vielfältigen Planungs- und Bauaufgaben in Bayern werden von ca. 10.000 freischaffend tätigen Architekten, 16.000 Ingenieuren (darunter rund 7.000 Kammermitglieder) sowie rund 14.000 Betrieben des Bauhauptgewerbes bewältigt. Insgesamt sind mehr als 200.000 Arbeitnehmer in dieser Branche beschäftigt, die überwiegend kleinteilig strukturiert ist: Rund 80 Prozent aller Büros und Unternehmen beschäftigen max. 10 Arbeitnehmer. In den Bereichen Architektur, Innen- und Landschaftsarchitektur sowie Stadtplanung beträgt der Anteil der Büros mit mehr als 10 Arbeitnehmern sogar nur rund 15 Prozent. Größere Büros befinden sich meist in Großstädten, der ländliche Raum ist durch eine deutlich kleinteiligere Bürostruktur geprägt. Eine Kernbotschaft der Architekten und Ingenieure ist ihre Unabhängigkeit als Treuhänder der Bauherren.

Bauunternehmen mit mehr als 50 gewerblichen Arbeitnehmern gibt es nur wenige. Sie machen lediglich einen Anteil von gut 2 Prozent der Betriebe der bayerischen Bauwirtschaft aus. Die meisten der kleinen und mittelständischen Bauunternehmen sind inhabergeführt und vor allem regional tätig. Sie konzentrieren sich auf die Leistungen, auf die ihr Betrieb ausgerichtet ist und führen diese soweit möglich im eigenen Betrieb mit eigenen Beschäftigten aus. Diese Unternehmen sind es auch, die rund 80% der gewerblichen Lehrlinge ausbilden. Auf Planungsleistungen sind diese Betriebe regelmäßig nicht bzw. nur in Teilbereichen eingerichtet.

Die ausgeprägte regionale Aufstellung der kleinen und mittelständischen Betriebe in den Be- reichen Bauplanung und Bauausführung stärkt den ländlichen Raum, indem Arbeitsplätze geschaffen werden, die Kommunen Gewerbesteuer erhalten und die Bauherren Ansprechpartner haben, die sich mit den regionalen Anforderungen auskennen.

2. Trennung von Planen und Bauen - warum macht das Sinn?

Die sich in der Struktur der Betriebe und Büros des Planungs- und Baugewerbes in Bayern abbildende Trennung von Planung und Ausführung ist Grundlage für ein partnerschaftliches Miteinander von Architekten und Ingenieuren auf der einen und der ausführenden Unternehmen auf der anderen Seite. Diese kleinteilige Struktur zeichnet sich durch ein hohes Maß an Flexibilität und Resilienz aus. Sie ermöglicht eine regionale Wertschöpfung auch beim Planen und Bauen und leistet so einen wichtigen Beitrag zu einer hohen Baukultur, die Tradition und Moderne miteinander verbindet und damit im Interesse einer erfolgreichen Landespolitik liegt. Gerade eine von Unternehmerinteressen unabhängige und kompetente Planung kann die Belange des Bauherrn wahren und garantiert so den bestmöglichen Verbraucherschutz. Planungszeiten sind auch Entscheidungszeiten. Wenn Planung und Bau in einer Hand sind, werden den Bauherren Entscheidungsmöglichkeiten genommen.

Voraussetzung für ein solchermaßen funktionsfähiges System ist das gekonnte Zusammenspiel aller Beteiligten sowie ein hohes Maß an Entscheidungsdisziplin der Bauherren und Nutzer. Eine exakte und vollständige Planung sowie Leistungsbeschreibung ermöglicht die kosten- und termingerechte Ausführung durch die Betriebe. So können Bauprojekte von hoher Qualität im Team realisiert werden.

Da es in den vergangenen Jahren gerade bei größeren Bauvorhaben zu Termin- und Budgetüberschreitungen kam, wird häufig die verstärkte Vergabe an Generalplaner und Generalunternehmer sowie Generalübernehmer, die sowohl die Planung als auch die gesamte Bauausführung übernehmen, vorgeschlagen.

Wir sind der Ansicht, dass dies zu kurz greift. Die auf Bundesebene im Rahmen der Reformkommission Großprojekte von einer hochrangig besetzten Expertenkommission analysierten Fehlentwicklungen bei Großprojekten in Deutschland bestätigen diese Einschätzung. Die Ergebnisse, die auch auf komplexe kleinere Vorhaben übertragbar sind, zeigen, dass es viele Ursachen dafür gibt, dass Bauprojekte zeit- und kostenmäßig aus dem Ruder laufen:

  • Baukosten werden häufig bereits beziffert, bevor belastbare Planungen vorliegen.
  • Unzureichende Ermittlung von Bauherrenanforderungen und Besonderheiten des Projekts bei Planungsbeginn führen zu kostenträchtigen Änderungen von Planung und Bauausführung. Teilweise wird mit der Bauausführung bereits begonnen, bevor die Planung abgeschlossen ist.
  • Ein Risikomanagement fehlt oft vollständig. Erkannte Risiken finden keinen Eingang in das im Haushalt veranschlagte Projektbudget.
  • Auf Auftraggeber- wie auch auf Auftragnehmerseite fehlt es an Kompetenz sowie an der Festlegung klarer Verantwortlichkeiten und Entscheidungszuständigkeiten.
  • Ebenso fehlen ein regelmäßiges Controlling sowie Streitbeilegungsmechanismen.
  • Ausschreibungen erfolgen auf Basis nicht abgeschlossener Planungen.
  • Bauaufträge werden ausschließlich nach dem Kriterium des günstigsten Preises vergeben und sind daher anfällig für Nachträge.

Diese Probleme lassen sich durch die Zusammenfassung von Planung und Bauausführung nicht bzw. nur bedingt lösen. Viel wichtiger wäre es,

  • aus den dargestellten Fehlern zu lernen, also vor allem erst zu planen und dann zu bauen.
  • Risiken beginnend mit der Bedarfsanalyse zu erfassen, in den Haushalt einzustellen und fortzuschreiben. Soweit möglich, sollten im Vergabewettbewerb Bauleistungen nicht ausschließlich auf Basis des Preises ausgeschrieben, sondern qualitative Wertungskriterien einbezogen werden. Auf Eignung und Kompetenz der ausführenden Unternehmen sollte besonders geachtet werden. Das bestehende Präqualifizierungssystem (PQ-VOB) bietet hierzu ein taugliches Instrument.
  • die Verpflichtung zur partnerschaftlichen Projektzusammenarbeit festzuschreiben und eine außergerichtliche Streitbeilegung zu vereinbaren, um entstehende Probleme frühzeitig in den Griff zu bekommen.
  • erste Zahlen zu den Projektkosten erst dann zu kommunizieren, wenn eine hinreichend belastbare Planung vorliegt.

3. Risiken der Vergabe an Generalübernehmer, Generalplaner und Generalunternehmer

Übernehmen Generalplaner bzw. Generalunternehmer die dem Auftraggeber obliegenden Koordinierungsleistungen, müssen sie diesen Aufwand und vor allem auch die Koordinierungsrisiken im Angebot einpreisen. Darüber hinaus wird eine verstärkte Vergabe in dieser Form dazu führen, dass die öffentliche Hand ihre Auftraggeberkompetenzen zunehmend abbaut. Dies wiederum führt zu einer Abhängigkeit der öffentlichen Auftraggeber von einem – aufgrund der oben dargestellten Struktur der bayerischen Bauwirtschaft – sehr kleinen Kreis von wenigen Generalunternehmern, die in der Lage sind, auch größere Projekte zu stemmen.

Zudem hat der Auftraggeber bei einer Vergabe an einen Generalplaner bzw. Generalunternehmer praktisch keinen Einfluss auf Auswahl und Kontrolle der Nachunternehmer. Das Streben des Generalunternehmers nach einer Minimierung seiner Subunternehmerkosten kann zu Qualitätseinbußen und – wenn Subunternehmer ausgewechselt werden müssen – zeitlichen Verzögerungen führen.

Schließlich entstehen bei Beauftragung eines einzigen Generalunternehmers erhebliche Probleme im Insolvenzfall. Dieses Risiko ist bei einer Aufteilung in Fachlose deutlich reduziert. Ist der Auftraggeber zur Kündigung des Generalunternehmervertrags – aus welchen Gründen auch immer – gezwungen, führt dies zwangsläufig zu einem Stillstand des Vorhabens. Bei getrennten Vergaben ist beim Ausfall nur eines Unternehmers die Gesamtfertigstellung regelmäßig nicht gefährdet.

Geht der Auftraggeber einen weiteren Schritt und vergibt Planen und Bauen an einen Generalübernehmer, nehmen die Risiken aufgrund der vollständigen Vergabe an Dritte der von diesen übernommenen Leistungen zu. Zudem werden keine Arbeitsplätze in der Region geschaffen.

4. Digitales Planen und Bauen - ist das in den heutigen Strukturen der Planungs- und Bauwirtschaft möglich?

Die bayerischen Architekten, Ingenieure und Bauunternehmen haben ihre Hausaufgaben in Sachen Digitalisierung gemacht. Auch wenn die Datenübertragungsrate in ländlichen Bereichen oftmals noch zu wünschen übrig lässt, Schnittstellen noch nicht standardisiert und die Unternehmen im Softwarebereich oftmals noch mit „Insellösungen“ arbeiten müssen – wir können Digital! Und auch „BIM“ zwingt keineswegs dazu, von der bisher praktizierten Trennung zwischen Planung und Bauausführung abzuweichen. Denkbar und in Pilotprojekten bereits praktiziert ist ein Prozess, in dem die beauftragten Planer das digitale Gebäudemodell erstellen. Dieses Modell wird den bauausführenden Unternehmen zur Verfügung gestellt, die daraus ihre Ausführungspläne generieren. Das sollte auch kleineren Unternehmen leicht möglich sein, ohne dass es hierzu größerer Investitionen bedarf. Nach Abschluss der Arbeiten des jeweiligen Gewerks wird die Leistung wie ausgeführt (as built) in das digitale Modell eingepflegt – entweder durch den zuständigen Planer oder das ausführende Unternehmen.

5. Fazit

Eine zusammengefasste Vergabe von Planungs- und Bauleistungen an einen Auftragnehmer wird weder der Struktur noch den Kompetenzen der kleinteilig strukturierten Landschaft der Planungsbüros und der Betriebe des Bauhauptgewerbes gerecht. Sie bevorzugt im Gegenteil einseitig wenige einzelne Großunternehmen. Die immer wieder vorgetragene Behauptung, eine solche Vergabepraxis führe zu einer Verringerung der Planungs- und Bau- kosten und zu einem höheren Maß an Termintreue, ist empirisch nicht belegbar. Demgegenüber sind die Ursachen für Bauverzögerungen und Kostenexplosionen nicht in der Form der Vergabe, sondern in anderen Bereichen zu suchen: Bezifferung von Baukosten vor deren Belastbarkeit, fehlendes Risikomanagement, unzureichende Ermittlung von Bauherrenwünschen, ungeklärte Verantwortlichkeiten und fehlendes Controlling sind hier vor allem zu nennen. Hinzu kommt, dass sich das Ausfallrisiko bei einer zusammengefassten Vergabe an Generalplaner, Generalunternehmer bzw. Generalübernehmer deutlich erhöht, ein Verlust an Bauherrenkompetenz auf Seiten der öffentlichen Hand zu befürchten steht, Qualitätseinbußen wahrscheinlicher werden und mithin die Bayern prägende baukulturelle Vielfalt reduziert wird.

Download

„Gemeinsam zum Erfolg - ein Plädoyer für die Trennung von Planung und Ausführung“


Quelle: Bayerische Ingenieurekammer-Bau, Bayerische Architektenkammer, Landesverband Bayerischer Bauinnungen; © Foto: snowing12 / Fotolia.com

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